Wieder ein Kind in der Babyklappe - Südkurier 07.08.2014
➤ Das vierte Neugeborene in vier Jahren abgelegt
➤ Ein gesunder Junge wartet auf Rückkehr der Mutter
VON GUDRUN TRAUTMANN
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Singen – Bereits zum vierten Mal seit Bestehen der Singener Babyklappe wurde ein neugeborenes Kind von einer verzweifelten Mutter dort abgelegt. Es handelt sich um einen gesunden Jungen. Damit hat die Babyklappe aller
Wahrscheinlichkeit nach zum vierten Mal ein Menschenleben gerettet.
Wie der Leiter der Singener Kinderklinik, Andreas Trotter, gestern dem SÜDKURIER bestätigte, wurde der kleine Junge bereits am Montagmorgen um 2.30Uhr in der Babyklappe abgelegt.Da ging der Alarm bei der Rettungsleitstelle
ein. Von der Mutter fehlt bisher jede Spur.Der Fall wird mit Rücksicht auf das Kind mit höchster Diskretion behandelt.
Der kleine Junge befindet sich noch in der Säuglingsstation der Singener Kinderklinik, steht aber unter der Obhut des Kreisjugendamtes. Hier hält man sich mit Informationen sehr zurück. „Der Schutz des Kindes hat oberste Priorität“, sagt der stellvertretende Leiter des Jugendamtes, Thomas Geiger. Er verweist darauf, dass Babyklappen in Deutschland eine juristische Grauzone darstellen. „Die Mutter hat jetzt acht Wochen Zeit, um ihr Kind zu sich zurück zu holen“, sagt Geiger. „In der Zeit bleibt sie anonym und straffrei.“
Sollte sich die Mutter in dieser Zeit nicht melden, beginnt das Adoptionsverfahren. Ein Verfahren, das alle drei vorangegangenen Kinder, die in der Singener Babyklappe abgelegt wurden, schon durchlaufen haben,weil sich ihre
Mütter nicht mehr gemeldet haben. Nach der Adoption verliert sich auch die Spur der Kinder für das Jugendamt. So sollen das Kind und die Adoptiveltern ungestört zu einer Familie zusammenwachsen können.
2010 hatte der Verein „Widmann hilft Kindern“ die Singener Babyklappe initiiert. Damals war das Für und Wider einer solchen Klappe in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden. Neun Monate nach der Eröffnung der Einrichtung
wurde das erste Baby dort abgegeben. Die beiden Vereinsvorsitzenden Rudi Babeck und Hans Teschner haben von dem jüngsten Fall eher zufällig erfahren. Hans Teschner stellte bei der Routinekontrolle der Klappe fest, dass das
Bettzeug fehlte. Erst durch seine Recherche erfuhr er, dass wieder ein Kind abgegeben wurde. „Wir können nicht verstehen, dass man uns als Betreiber der Babyklappe nicht informiert“, ärgert er sich. Doch die Freude über das
gerettete Menschenleben überwiegt. Thomas Geiger nimmt die Kritik ernst und will künftig früher informieren.
Hans Teschner und Rudolf Babeck vom Verein „Widmann hilft Kindern“ kümmern
sich regelmäßig um die Babyklappe.
Bereits zum vierten Mal hat eine verzweifelte Mutter ihr Neugeborenes hier abgelegt.
BILD: SABINE TESCHE